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Reden

Redebeitrag 06.03.20

Aktionstag gegen Gewalt an Frauen

Liebe alle, schön, dass ihr da seid! Schön, dass so viele zusammen kommen, um gemeinsam zu kämpfen! Weniger schön ist vielleicht, dass es immer noch so viel zu bekämpfen gibt. Heute sind wir auf der Straße, um die Gewalt gegen Frauen* und Queers weltweit zu denunzieren und uns den öffentlichen Raum zurückzunehmen. Diese Gewalt ist leider allgegenwärtig und uns viel zu bekannt. Genau deswegen ist es uns wichtig zu zeigen, dass jeder progessive Kampf queerfeministisch sein muss! Wir stehen heute auf, denn Gewalt gegen eine von uns ist Gewalt gegen uns alle!

Die Gewalt betrifft uns unterschiedlich, sie hat viele Gesichter und findet an vielen Orten statt. Sie fängt mit einer blöden Anmache auf der Straße oder auf der Arbeit an, ist aber besonders auch im privaten und familiären Bereich ständig zu spüren und endet letztlich im Feminizid. Es sind die Kriege, die alltäglich auf unseren Körpern geführt werden. Es ist die kapitalistische Zerstörung unseres Planeten. Es ist für viele von uns die Vertreibung von ihrem Zuhause. Es ist der Kapitalismus, der unsere Arbeit ausbeutet. Es ist das Patriarchat.
Gewalt an Frauen* und Queers ist strukturell und muss benannt werden. Sie trägt die Namen der Attentäter von Halle und Hanau, die in ihren rassistischen, antisemitischen, antimuslimischen Wahnvorstellungen, Frauen* einer angeblichen Verrottung des „Abendlandes“ beschuldigen. Sie trägt die Namen von den Mördern unserer trans Geschwister, die sich das Recht auf Leben und Tod von Menschen gönnen, deren Identität nicht in ihr regressives, rassistisches, menschenfeindliches Weltbild passt. Sie trägt die Namen der Politiker*innen, die sie rechtfertigen, verharmlosen, sie sogar lustig finden. Sie trägt die Namen der Polizist*innen, die uns nach einer Vergewaltigung fragen, was wir anhatten, oder ob wir wirklich nein gesagt oder gemeint haben. Sie trägt auch die Namen der Polizist*innen, die uns auf der Straße verprügeln, wenn wir uns gegen ein System wehren, das uns unterdrückt.
Sie hat den Namen jedes Richters und jeder Richter*in, der oder die uns im Namen des Gesetzes verurteilt, anstatt unserer Täter. Sie hat den Namen der Gesetzgeber*innen, die unsere Körper mit den Abtreibungsparagraphen 218 und 219a in einer abscheulichen Dystopie gefangen halten. Sie hat den Namen der Zeitungen und Medien, die von „Familiendramen“ oder „Beziehungstaten“ sprechen, anstatt diese strukturelle Gewalt an Frauen* als Feminizide zu benennen.
Aus diesem Grund sind wir heute hier, vor dem ersten Polizeirevier und vor dem Oberlandesgericht. Wir wollen zusammen diese Orte benennen, zeigen, markieren. Wir wollen zu diesen Orten der Unterdrückung unseren Widerstand bringen. Auch wenn uns einerseits diese Gewalt ganz unterschiedlich betrifft, so bringt sie uns andererseits doch gerade zusammen. Feministische Kämpfe finden weltweit statt. Seien es die Kämpfe der Frauen* in Rojava, Chile, Mexico, Argentinien, der Schweiz, Spanien, und sonst wo; überall und immer stehen wir zusammen! Das Patriarchat überspringt Grenzen, unsere Solidarität kennt einfach keine!
Die Organisation dieser Demo und Kundgebung mit verschiedenen Gruppen und verschiedenen Themen ist ein Zeichen, dass unsere feministische Antwort intersektional ist. Unser Feminismus ist antisexistisch, unser Feminismus ist antikapitalistisch, unser Feminismus ist antirassistisch, unser Feminismus richtet sich gegen jeden Antisemitismus, gegen Homophobie und Transphobie, gegen jede Diskriminierung und jedes menschenverachtende Verhalten und Ideologie, unser Feminismus ist solidarisch! Denn nur gemeinsam schaffen wir das Patriarchat ab!
Wir sind grenzenlos feministisch, wir sind grenzenlos solidarisch!