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Reden

Redebeitrag 05.11.20

FEURIO! – Demonstration

Für uns als feministische Gruppe ist es unumgänglich, den Zusammenhang zwischen extrem rechten und antifeministischen beziehungsweise frauenfeindlichen Einstellungen aufzuzeigen. Obwohl Antifeminismus Teil jeder extrem rechten Ideologie ist, wird dieser in der medialen Darstellung extrem rechter Gewalttaten dennoch kaum thematisiert oder erst verspätet offengelegt –​​​​​​​ in der öffentlichen Wahrnehmung kommt dieser Aspekt daher viel zu kurz.

Der rechte Brandstifter Joachim S. hat zwischen September 2018 und Juni 2019 zahlreiche Brandanschläge auf linke Wohn- und Kulturprojekte in Frankfurt, Hanau und Schwalbach/Taunus ausgeübt.

Unter ihnen sind auch die zwei Wohnhäuser der „Lila Luftschloss Frauenwohnungsbaugenossenschaft“ in Frankfurt. Drei Mal wurden zwischen Dezember 2018 und Juni 2019 die beiden feministischen Wohnprojekte im Frankfurter Nordend und Ostend von Joachim S. angegriffen.

Auf der Webseite RheinMain-Doku.org, die über die Serie von Brandanschlägen auf linke Projekte im Rhein-Main-Gebiet in den Jahren 2018 und 2019 ausführlich informiert, gibt es auch einen kurzen Abschnitt über die politische Haltung und Organisierung des Brandstifters: „Es gibt bisher keine Hinweise, dass Joachim S. in rechten Gruppen und Szenen organisiert ist oder war. Die vermeintlich witzigen Bilder, die man bei ihm findet, sind jedoch voller Häme und Gemeinheiten gegen Geflüchtete, Schwule, Frauen* und sozial Benachteiligte. Aber nicht nur für den Täter Joachim S. gilt: Für ein misogynes, chauvinistisches, rassistisches und antisemitisches Weltbild und Handeln braucht es keine Organisierung in einer rechten Gruppe.“

Frauenhass wird als Wurzel rechter Gewalt oft übersehen, obwohl insbesondere Antifeminismus bei der Radikalisierung oft eine große Rolle spielt. In seinen diversen Ausprägungen dient der Antifeminismus als Bindeglied zwischen extrem rechten Strömungen und der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“. Denn gerade in dieser sogenannten „Mitte“ sind sexistisches und misogynes Denken und Verhalten eine Selbstverständlichkeit. Hier wird nicht nur die Grundlage für ein solches Denken gelegt, sondern letztlich auch extrem rechtes Gedankengut unter dem Deckmantel des Konservatismus verbreitet. Spätestens mit dem Aufkommen der AfD mit ihrer extrem rechten, rassistischen, antisemitischen und frauenfeindlichen Agenda, aber auch abseits hiervon lässt sich feststellen, dass in den letzten Jahren gleichzeitig rechter Terror und antifeministische Gewalt erstarkten –​​​​​​​ wobei die AfD gleichzeitig als Anheizer und Profiteur dieser Gewalt agiert. Dies können und wollen wir nicht hinnehmen!

Die Feindbilder von Frauen*, Jüd*innen, Migrant*innen und Muslim*innen, die in der extremen Rechten so präsent sind, sind keinesfalls so beliebig, wie sie in der öffentlichen Wahrnehmung anzukommen scheinen. Diese Feindbilder sind eben nicht nur eine wirre Aneinanderreihung von Menschenfeindlichkeit, sondern dahinter steht eine umso verworrenere Verschwörungsideologie: Die Vorstellung ist, dass es eine jüdische Finanzelite gebe, die sich den Feminismus quasi am Reißbrett ausgedacht habe, um Frauen* –​​​​​​​ insbesondere weiße Frauen* – dazu zu bringen, weniger Kinder zu bekommen um eine sogenannte „weiße Rasse“ – beziehungsweise was sich darunter vorgestellt wird –​​​​​​​ zu zerstören und einen Genozid an den Weißen zu verursachen.

Diese hanebüchene Verschwörungsideologie lässt sich in den verschiedenen Manifesten der Attentäter von Halle und Hanau, aber auch den Attentätern der Terroranschläge in Oslo, Utoya und Christchurch in der einen oder anderen Form wiederfinden. Sie zeigt eindrücklich, wie sehr extrem rechte Attentäter antifeministische, rassistische und antisemitische Einstellungen explizit miteinander verbinden.

Das heißt für uns, dass wir als emanzipatorische Bewegungen zusammenstehen müssen und dass wir gemeinsam gegen jede Form der menschenfeindlichen Ideologie ankämpfen müssen.

Aber nicht nur die Brandanschläge auf die zwei Wohnhäuser des dezidiert feministischen Wohnprojekts Lila Luftschloss, müssen vor dem Hintergrund einer antifeministischen Motivation beleuchtet werden. Genauso stellen auch die anderen angegriffenen Wohn- und Kulturprojekte Räume dar, die für linke und alternative Wohnformen und Lebensweisen stehen. Hiermit geht immer auch die Infragestellung heteronormativer und binärer Geschlechter- und Familienvorstellungen einher. Alle verübten Brandanschläge müssen daher auch unter dem Blickwinkel einer antifeministischen Motivation betrachtet werden.

Und ganz egal, ob ein solcher Angriff in erster Linie rassistisch, antisemitisch, antifeministisch oder antiemanzipatorisch motiviert ist – Ein Angriff auf Einzelne von uns ist immer auch ein Angriff auf uns Alle!