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Aufruf

1. Mai 2021

Aufruf zu Care-Block und Raum-Nehm-Aktion

Seit Jahren kämpfen wir Care-Arbeiter*innen gegen schlechte Arbeitsbedingungen, doch verändert hat sich wenig. Zwar wird seit Beginn der Pandemie viel darüber geredet, dass unsere Arbeit – Überraschung! – grundlegend für diese Gesellschaft ist. Doch das ändert nichts an den schlechten Bedingungen, unter denen wir sie täglich unter wachsendem Risiko verrichten. Wir haben den Eindruck, dass die aktuelle Betonung unserer „Systemrelevanz“ und die damit einhergehende Erwartung, dankbar dafür sein zu müssen, in diesen Zeiten „gebraucht“ zu werden, uns davon abhalten soll, gegen diese unhaltbaren Zustände zu protestieren. Diese Strategie zeigt Wirkung: Viele von uns fühlen sich in einem Konflikt zwischen Verantwortungsübernahme, gelernter Bescheidenheit und Wut über die Ungerechtigkeit der Situation. Doch: Auch wir sind müde, auch wir haben Angst, auch wir wollen, dass sich endlich etwas tut, auch wir können nicht endlos und mit einem freundlichen Lächeln alles ertragen. Daher sagen wir: Es reicht! Die Krise darf nicht länger auf unseren Rücken ausgetragen werden! Der 1. Mai ist auch der Tag der Sorge-Arbeit!

1. Mai – auch Tag der Sorge-Arbeit!

Uns, die Care-Arbeit leisten, ist schon lange bewusst, dass nicht nur die entlohnte Sorgearbeit existentiell notwendig ist für das „Funktionieren“ der Gesellschaft. Es ist vor allem die unbezahlte Care-Arbeit, im Hintergrund ausgeführt und dadurch unsichtbar, die ein gesellschaftliches Zusammenleben überhaupt erst möglich macht!

Diese unbezahlte Care-Arbeit durchzieht alle Bereiche des täglichen Lebens: Sie findet im Privaten genauso wie in der Lohnarbeit oder in politischer Arbeit statt und umfasst z.B. Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Haushaltsarbeit, eben das Kümmern um die vielen Sachen, die Tag für Tag anstehen. Wir fordern deshalb, bei Arbeitskämpfen mitzudenken: Arbeit ist nicht nur das, was innerhalb des kapitalistischen Systems bezahlt und in die Rente miteinberechnet wird. Unbezahlte Care-Arbeit wird mit ausgebeutet, um den Laden am Laufen zu halten – und diese Ausbeutung betrifft vor allem uns Frauen* und Queers! Dabei stehen unbezahlte und bezahlte Care-Arbeit strukturell miteinander in Verbindung: Auf der einen Seite der Medaille die Care-Tätigkeiten, die unbezahlt und unsichtbar sind, auf der anderen die Care-Arbeit, die schlecht entlohnt wird, an unsichere Arbeitsverhältnisse gebunden ist, in Vereinzelung stattfindet und somit immer weiter prekarisiert wird. Außerdem findet sich in der „Teilung“ von Care-Arbeit auch eine rassistische Arbeitsteilung wieder, gegen die wir kämpfen müssen!

Kommt mit zu Careblock und Raum-Nehm-Aktion!

Wir wollen uns gemeinsam Raum nehmen – auf den Demos am 1. Mai und auch drumrum! Wir wollen deutlich machen, dass der Tag der Arbeit auch ein Tag sein muss, an dem die vergeschlechtlichte Organisation von Arbeit in unserer Gesellschaft zur Debatte steht! Unser Wirtschaftssystem beruht auf der Trennung in zwei Geschlechter, denen Arbeit zuhause, in der Reproduktion, und „draußen“, in der Produktion, zugewiesen wird. Mit einem gemeinsamen Careblock wollen wir auf diese problematische Verknüpfung von Care und Geschlecht und auf unsere chronische Unterbezahlung und Überlastung aufmerksam machen. Es braucht grundlegende Veränderungen in der Pflege, in Kitas, im Reinigungssektor, in der Sexarbeit und in der häuslichen Arbeits“teilung“. Uns reicht’s! Zusammen gehen wir aus dem Care-Sektor auf die Straße. Kommt und bringt eure Banner, Schilder, Gegenstände zum coronakonformen Lautwerden und vor allem: eure Wut, Angst und Sorge mit, denn: Im Care-Block auf den Demos und drumrum soll Sorge sichtbar und nicht länger als selbstverständlich betrachtet werden!

Care has no gender! Für ein gutes Leben für alle!

Für eine Überwindung von Re-/Produktion, die uns in Männer und Frauen einteilt, die uns und unsere Genoss*innen spaltet und die auch die aktuelle Corona-Krise zu einer Krise der internationalen Geschlechterordnung macht!

Come with care <3

Aufgrund der aktuellen Situation wünschen wir uns einen achtsamen Umgang mit angemessenen Abständen, Masken und Sprechchören. Dass wir aufgrund unserer Arbeit zuhause und draußen rücksichtsvolles Verhalten verinnerlicht haben, ist völlig klar, gleichzeitig ist eine gemeinsame Aktion ja normalerweise ein Anlass zu kollektiver Wut und Berührung. Hier sind wir uns sicher, dass wir Wege finden, diese dennoch spürbar werden zu lassen, ohne einander zu gefährden.

Lasst uns miteinander reden, laufen, kreativ laut sein und gemeinsam kämpferisch sein!

Wann & Wo? Samstag, 1. Mai 2021

DGB-Demo, Treffpunkt ab 10:15 Uhr, vor dem Café Hauptwache (Platz für Sorge)

Revolutionärer 1. Mai-Demo, Treffpunkt 18:00 Uhr, Marshallbrunnen beim Opernplatz

Erkennen könnt ihr den Careblock an der lila Farbe und dem lila Banner!

We care with you

Euer Feministisches Streikkollektiv